Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in zwei Urteilen entschieden, dass die Arbeitgeber (AG) in den zugrundeliegenden Sachverhalten nicht verpflichtet waren, einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1a BetrAVG für die streitgegenständlichen Zeiträume zu leisten. Die Verfahren betrafen unter anderem die Frage, ob AG von der gesetzlichen Zuschussverpflichtung abweichen dürfen, wenn sie sich auf einen dies abweichend regelnden Tarifvertrag berufen können.
§1a Abs. 1a BetrAVG verpflichtet Arbeitgeber, für Entgeltumwandlungen in den versicherungsförmigen Durchführungswegen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) ab 01.01.2019 zusätzlich 15 Prozent des umgewandelten Entgelts als Arbeitgeberzuschuss zu zahlen, soweit sie durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einsparen. Es besteht eine Übergangsregelung nach §26a BetrAVG, die beinhaltet, dass für individual- und kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 01.01.2019 geschlossen wurden, die Zuschussregelung nach §1a Abs, 1a BetrAVG erst ab dem 01.01.2022 gilt.
Eine Ausnahme davon kann gelten, wenn tarifvertragliche Regelungen Anwendung finden, die von der gesetzlich vorgesehenen Zuschussverpflichtung des Arbeitgebers abweichende Regelungen treffen (vgl. §19 Abs. 1 BetrAVG), da in diesen eine abweichende Bestimmung zum Gesetz erlaubt ist.
Fall 1 (BAG 3 AZR 361/21):
Der Kläger wandelte auf Basis einer 2018 abge-schlossenen Entgeltumwandlungsvereinbarung ab 01.01.2019 Entgelt in einen Pensionsfonds um; Teil des Entgeltumwandlungsbetrags war ein vom AG (aufgrund eines seit 01.01.2009 für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrags vom 09.12.2008) dafür zur Verfügung gestellter Altersvorsorgegrundbetrag. Der Kläger verlangte nun auf Grundlage des § 1a Abs. 1a BetrAVG einen weiteren AG-Zuschuss zu seiner Entgeltumwandlung in den Jahren 2019 und 2020. Nach seiner Auffassung stellte der Tarifvertrag keine zulässige Abweichung von der Regelung im § 1a Abs. 1a BetrAVG im Sinne von § 19 Abs.1 BetrAVG dar.
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass der Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a i.V.m. § 26a BetrAVG für die Jahre 2019 und 2020 nicht gefordert werden kann. Der Tarifvertrag zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008 sei in diesem Fall als abschließende kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarung im Sinne des § 26a BetrAVG anzusehen, da er tatsächlich eine Entgeltumwandlungsregelung beinhaltet, die den Anspruch auf Entgeltumwandlung enthält, ausgestaltet und diese zu dem ausdrücklich, abschließend und zwingend regelt. Grundlagen hierfür sind zum Beispiel die im TV AV geregelte Höhe des Altersvorsorgegrundbetrages, die möglichen umwandelbaren Entgeltbestandteile, der Ablauf bzw. das Verfahren zur Entgeltumwandlung und der festgelegte Durchführungsweg. Damit komme es im Rahmen von § 26a BetrAVG auf diese kollektivrechtliche Regelung an, und nicht auf den individuellen Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung.
§ 26a BetrAVG gewähre dem AG eine Übergangsfrist bis 31.12.2021, während der in einem solchen Fall kein Zuschuss zu Entgeltumwandlungen nach § 1a Abs. 1a BetrAVG bezahlt werden müsse. Das BAG musste hier nicht beurteilen, inwieweit hier im Rahmen des § 19 BetrAVG durch einen TV von § 1a BetrAVG abgewichen werden darf, da es für die Entscheidung unerheblich war.
Fall 2 (BAG 3 AZR 362/21):
Der Kläger wandelte ab 01.11.2019 Entgelt in einen Pensionsfonds um. Auch in diesem Fall bestand ein Teil des Entgeltumwandlungsbetrags aus einem vom Arbeitgeber gewährten Altersvorsorgegrundbetrag. Dieser beruhte auf dem Altersvorsorgetarifvertrag vom 09.12.2008, welcher durch einen seit dem 15.04.2019 im Betrieb geltenden Haustarifvertrag Anwendung fand; weitere Zuschüsse regelte der Tarifvertrag nicht. Der Kläger war der Auffassung, dass ihm für den den Altersvorsorgegrundbetrag übersteigenden Teil der Entgeltumwandlung in den Jahren 2019 und 2020 ein Zuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG zustehe, da seiner Ansicht nach eine zulässige Abweichung von § 1a Abs. 1a BetrAVG durch den Tarifvertrag nicht gegeben war.
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hatte auch hier keinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber nach § 1a Abs. 1a BetrAVG für die Jahre 2019 und 2020. Es lag mit den Regelungen des Haustarifvertrages in Verbindung mit dem Tarifvertrag für Altersversorgung aus dem Jahre 2008 eine abweichende Regelung im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrAVG vor. Das BAG hob besonders hervor, dass § 19 Abs. 1 BetrAVG jedenfalls ein Abweichen von § 1a BetrAVG durch Tarifverträge, die nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (01.01.2018) abgeschlossen worden sind, ermöglicht. Der Haustarifvertrag vom 15.04.2019 sieht durch die Bezugnahme auf den Altersvorsorgetarifvertrag eine von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichende Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens und der Lasten der Entgeltumwandlung vor, die nach dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes getroffen wurde. Dafür reicht es aus, dass eine entsprechende – ggf. auch ältere – tarifvertragliche Regelung nach dem 31.12.2017 in einem neuen Tarifvertrag in Bezug genommen oder bestätigt wird.
Fazit:
Offen bleibt, ob vor Inkrafttreten des BRSG ge-schlossene Tarifverträge ein Abweichen von § 1a Abs. 1a BetrAVG wirksam regeln können. Daran bestehen unseres Erachtens erhebliche Zweifel, da die Tarifvertragsparteien damals mangels eines gesetzlichen Zuschussanspruchs von komplett anderen Grundlagen ausgingen.
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