BGH-Beschlüsse vom 23.02.2022 und 04.05.2022 – Widerspruchsrecht für Arbeitnehmer bei bAV-Direktversicherungen (07.11.2024)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in zwei Hinweis-Beschlüssen vom 23.02.2022 (IV ZR 150/20) und vom 04.05.2022 (IV ZR 201/20) zum Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gemäß § 5a Versicherungsvertragsgesetz (VVG) a.F. für Direktversicherungen geäußert.

Dem Verfahren IV ZR 201/20 lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die Arbeitgeberin hatte 1999 den Arbeitnehmer und späteren Kläger als versicherte Person über einen Gruppenversicherungsvertrag bei einem Versicherungsunternehmen angemeldet. Im Jahr 2006 wurden zwei weitere (Direkt-)Versicherungen für den Arbeitnehmer abgeschlossen. Dieser erhielt 2000 bzw. 2006 jeweils die „Bescheinigung für den Versicherten“. Seit Ende des Arbeitsverhältnisses (Juni 2010) führte er die drei Versicherungen als neuer Versicherungsnehmer beitragsfrei fort. Mit Schreiben aus März 2012 kündigte er alle drei Verträge. Der Versicherer zahlte die Rückkaufswerte der Verträge an ihn aus.  

Im Jahr 2017 widersprach der Kläger dem Zustandekommen aller Versicherungen gegenüber dem Versicherer. Nach seiner Ansicht sei die Widerspruchsfrist gemäß § 5a VVG a.F. nicht in Gang gesetzt worden. Er sei nicht über ein Widerspruchsrecht belehrt worden, obwohl er die Versicherungsverträge 2006 mitunterschrieben habe und er diese per Entgeltumwandlung finanziert habe. Auch hätte ihn der Versicherer bei Vertragsübernahme nicht zum Widerspruchsrecht belehrt.

Mit der Klage begehrte er die Rückzahlung der Versicherungsprämien der drei Verträge und Herausgabe von Nutzungen von dem beklagten Versicherer. Damit war er in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

In seinem Hinweis-Beschluss vom 04.05.2022 (IV ZR 201/20) teilte der BGH seine Absicht mit, die Revision des Klägers zurückweisen zu wollen. Der Kläger hätte beim Versicherungsabschluss nicht wirksam widersprechen können. Ihm stand als versicherte Person kein originäres Widerspruchsrecht zu. Versicherungsnehmer war die damalige Arbeitgeberin. Daher würde nicht der Verbraucherschutz gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. greifen. Der bloße Übergang der Versicherungsnehmereigenschaft auf den Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsverhältnisses sei kein neuer Versicherungsabschluss. Eine Belehrung zum Widerspruchsrecht seitens des Versicherers war nicht notwendig. Selbst wenn ihm ein Widerspruchsrecht zugestanden hätte, wäre dieses ein Jahr nach Zahlung des Einlösebeitrages bereits erloschen gewesen.

 

Ein Rückkauf der Versicherung wurde i. S.v. § 2 Abs. 2 Sätze 4 und 5 BetrAVG als unzulässig vereinbart. Die dort angezeigten Verfügungsbeschränkungen für eine als bAV abgeschlossene Lebensversicherung dienen der Aufrechterhaltung der Versorgung. Der Gesetzgeber wollte Arbeitnehmern kein „ewiges“ Lösungsrecht einräumen und die Zweckentfremdung verhindern.  

Beim BGH-Beschluss IV ZR 150/20 vom 23.02.2022 war der Fall ähnlich. Der ehemalige Arbeitgeber schloss 2003 für die Klägerin (versicherte Person) eine Direktversicherung bei einem Versicherungsunternehmen ab. Nach Ende ihres Arbeitsverhältnisses (2017) führte sie die Versicherung als neue Versicherungsnehmerin beitragsfrei fort. Im Jahr 2018 widersprach sie dem Zustandekommen des Vertrages. Der Versicherer hätte sie nicht ordnungsgemäß über ein Widerspruchsrecht belehrt. Sie verlangte die Rückzahlung der Versicherungsprämien vom beklagten Versicherer. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück.  

Auch hier regelte die bAV-Zusage die Unzulässigkeit des Rückkaufs der Versicherung nach Ausscheiden sowie die Übertragung der Versicherungseigenschaft. Nach Ansicht des BGH verdeutlichte dies, dass auch die Parteien davon ausgingen, dass eine Vertragsrückabwicklung nicht möglich sei. Der Klägerin stünde weder bei Vertragsabschluss noch bei Übernahme der Versicherungsnehmereigenschaft ein Widerspruchsrecht zu. Nach dem Hinweis-Beschluss nahm die Klägerin ihr Revisionsbegehren zurück.

Fazit: Eine Direktversicherung soll der Versorgung dienen. Der spätere Widerspruch des Arbeitnehmers gegen das Zustandekommen des Vertrags und Zweckentfremdung der gezahlte Beitragssumme ist damit unvereinbar.

 

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