Im seinem Urteil vom 14.03.2023 (3 AZR 197/22) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass die Bezugnahme im Dienstvertrag auf die Anlage 8 zu den AVR („Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“) und ihre Versorgungsordnung als Zusage betrieblicher Altersversorgung i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) zu werten ist. Daher hat die Arbeitgeberin für die zugesagten Leistungen einzustehen trotz Durchführung mittelbar über eine Pensionskasse (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG).
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte gegenüber der Klägerin für Leistungskürzungen der „Pensionskasse der Caritas“ einzustehen hat. Zu klären war, ob eine reine Beitragszusage (außerhalb des BetrAVG) oder eine Zusage über betriebliche Altersversorgung (bAV) erteilt wurde. Letzteres mit entsprechender Einstandspflicht für die kirchliche Arbeitgeberin.
Die ehemalige Arbeitnehmerin erhielt seit dem Jahr 2014 eine monatliche Altersrente von der Pensionskasse. Diese kürzte einige Jahre später den monatlichen Zahlbetrag auf Basis einer Sanierungsklausel in ihrer Satzung.
Daraufhin forderte die Klägerin den Differenzbetrag (monatlich 10,15 €) bei der beklagten Arbeitgeberin ein. Diese habe bAV-Leistungen zugesagt und hätte für die Leistungskürzung einzustehen.
Die Beklagte argumentierte, nur eine reine Beitragszusage erteilt zu haben. Zwar verweise der Arbeitsvertrag auf die Anlage 8 zu den AVR. Jedoch würden sich die Ansprüche der Versicherten nach der Satzung der Pensionskasse richten. Deswegen seien auch nur Leistungen in diesem Umfang von der Arbeitgeberin zugesagt worden. Für einen weitergehenden Verpflichtungswillen fehlten deutlichere vertragliche Anhaltspunkte.
Das BAG stellte – entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin – das Vorliegen einer bAV in Form einer beitragsorientierten Leistungszusage fest. Die von der Beklagten verwendeten Begrifflichkeiten würden typischerweise eine bAV-Zusage i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG beschreiben. Es wäre eine Altersversorgung über eine „Zusatzversorgungskasse“ versprochen worden, diese wurde in einer „Versorgungsordnung“ geregelt und durch Entrichtung von „Versicherungsbeiträgen“ finanziert. Gerade die Durchführung der Versorgung über eine Pensionskasse spräche für diese Auslegung.
Es hätte besonderer Anhaltspunkte bedurft, wenn die Arbeitgeberin bei Anmeldung der Klägerin bei der Pensionskassenversorgung ihre Verpflichtung auf die Leistungen der Pensionskasse hätte beschränken wollen. Die Formulierungen in der Anlage und in der Versorgungsordnung verwiesen auf eine beitragsorientierte Leistungszusage und Anhaltspunkte für die Wertung einer reinen Beitragszusage wären nicht erkennbar.
Gemäß BAG wurde die in der Satzung der Pensionskasse vorgesehene Leistungskürzung auf Basis der Sanierungsklausel nicht Bestandteil der im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis erteilten Versorgungszusage. Die Satzung regelte nur, ob und in welchem Umfang die Pensionskasse zur Abweichung von den ursprünglich für das Durchführungsverhältnis getroffenen Abreden befugt gewesen sei. Sanierungsklauseln seien dabei typische Formulierungen, die den Zusammenbruch der Pensionskasse verhindern sollten. Diese dienten nicht der Beschränkung einer vom Arbeitgeber erteilten bAV-Zusage.
Da die Sanierungsklausel kein Bestandteil der Zusage geworden sei, habe die Arbeitgeberin für die Differenz von Leistungsversprechen und Pensionskassenleistungen einzustehen. Auch der dynamische Verweis auf die Satzung der Pensionskasse bzw. die vertraglichen Abreden führten nicht zur Befreiung von dieser Einstandspflicht.
Es bestünden im Übrigen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Arbeitgeberin sei weder in ihrer durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten wirtschaftlichen Handlungsfreiheit noch in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit beeinträchtigt gewesen. Vielmehr stellte sich die betriebsrentenrechtliche Einstandspflicht als Folge der bAV-Zusage dar, die über den externen Versorgungsträger durchgeführt werde.
Ansprüche aus bAV-Zusagen hätten einen hohen Wert. Sie stellten eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition dar (Eigentum). Versorgungsempfänger finanzieren damit im Alter – neben gesetzlicher Rente und der Privatvorsorge – ihren (erreichten) Lebensunterhalt.
Fazit:
Durch vertragliche Regelungen in Arbeitsverträgen und/oder in Versorgungsordnungen können nicht die Schutzvorschriften des Betriebsrentengesetzes umgangen werden. Insbesondere kann nicht der Erfüllungsanspruch gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG ausgeblendet werden. Soll verhindert werden, dass eine Zusage als bAV gewertet wird, sollte kein „bAV-typischer“ oder gar „bAV-exklusiver“ Versorgungsträger eingeschaltet werden. Sonst sind der Auslegung der Zusage als Versorgungszusage im Sinne des BetrAVG Tür und Tor geöffnet und der Arbeitgeber hat für etwaige Leistungskürzungen des Versorgungsträgers einzustehen.
Die Erteilung einer reinen Beitragszusage im Anwendungsbereich des BetrAVG und als betriebliche Altersversorgung ist nur im Rahmen eines tariflichen Sozialpartnermodells möglich (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG).
Die arbeitsrechtlich mögliche, reine Beitragszusage außerhalb des Betriebsrentenrechts müsste sich insofern inhaltlich und tatsächlich deutlich abgrenzen, um von den Gerichten akzeptiert zu werden.
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